< ZURÜCK ich bin 15 Jahre alt und fliege RC Heli und habe folgende Frage: Mir hat ein Pilot eines Großhubschraubers vor
einiger Zeit erklärt, dass durch die Kreiselkräfte die Rotorblätter
ca. 90° vor der Stelle, an der die Rotorkreisfläche gehoben wird,
verstellt werden.
Aber da Sie in ihrem Buch "Hubschrauber ferngesteuert"
schreiben, dass die Kreiselkräfte fälschlicherweise zur Erklärung
der zyklischen Blattsteuerung herangezogen werden, wollte ich Sie fragen,
ob Sie mir das genauer erklären können. Das Buch habe ich schon
vor langer Zeit gelesen, als ich noch keinen Heli hatte. Es hat mich sehr
viel weiter gebracht.
Viele Grüße
Den Heli von oben betrachten, der Rotor ist
eine Uhr und dreht sich rechts herum. Vorne ist 12 Uhr, rechts 03 Uhr, hinten
06 Uhr, links 09 Uhr. Der Heli schwebt, die Rotorwelle steht senkrecht, die
Blätter haben rund um die Uhr angenommen 5° Anstellwinkel um den
Heli in der Schwebe zu halten. Jetzt soll der Rotorkreis 3° nach vorne
geneigt werden. Das sieht dann für das vordere Blatt so aus: Stephan Soeder Meine Antwort Hallo Stephan, Unter Kreiselpräzession versteht man die physikalische Eigenschaft eines Kreisels dem Kippen seiner Achse um 90° zur Kipprichtung auszuweichen. Anders gesagt: Kippt man einen Kreisel von sich weg nach vorn so wird er dieser Bewegung je nach Drehrichtung um 90° nach rechts oder links ausweichen. Aber genau das will man bei einem Hubschrauber möglichst nicht. Beim Hubschrauber will man die Rotorblätter so steuern, das sie zusammen in einer neuen Ebene (Rotorkreisfläche) laufen. Das erreicht man ausschließlich durch die Blattverstellung, also das Steuern der einzelnen Blätter in eine neue Position. Und das geschieht "zyklisch" bei jeder Rotorumdrehung ausschließlich durch die mechanische Anlenkung an der Taumelscheibe und nicht durch irgendwelche Kreiselkräfte. Generell gilt: Will man die Rotorkreisfläche in Flugrichtung nach vorne neigen, muss das nach vorne laufende Blatt mechanisch so nach unten gesteuert werden, das es in Flugrichtung gesehen vorne die tiefste Position erreicht und das nach hinten laufende Blatt so nach oben gesteuert werden, das es hinten die höchste Position erreicht. Das gilt analog für alle anderen Flugrichtungen genau so. Das die dazu erforderliche Neigung der Taumelscheibe 90° zum Rotorblatt beträgt ist rein mechanisch bedingt. Mal anders: 12 Uhr: 5°+0°=5° 01 Uhr: 5°+1°=6° 02 Uhr: 5°+2°=7° 03 Uhr: 5°+3°=8° (stärkste zyklische Verstellung positiv) 04 Uhr: 5°+2°=7° 05 Uhr: 5°+1°=6° 06 Uhr: 5°+0°=5° 07 Uhr: 5°-1°=4° 08 Uhr: 5°-2°=3° 09 Uhr: 5°-3°=2° (stärkste zyklische Verstellung negativ) 10 Uhr: 5°-2°=3° 11 Uhr: 5°-1°=4° 12 Uhr: 5°-0°=5° Das hintere Blatt beginnt zur gleichen Zeit bei 06 Uhr. Ich habe das bei einem Symposium mal mit einer alten CD demonstriert auf die ich mit Klebeband zur Darstellung der Rotorblätter ein Kreuz geklebt hatte. Von der Seite betrachtet sieht man genau, wie bei dem obigen Beispiel das eine Blatt bei 09 Uhr am stärksten negativ, bei 03 Uhr am stärksten positiv läuft. Diese zyklische Blattverstellung erfolgt nur für die Phase der Steuerung des Rotors in eine neue Lage. Dem Heli passiert zuerst einmal gar nichts. Hier geht es um den Hauptrotor. Der und nur der soll seine Lage und damit Zugrichtung ändern. Ob der Heli dem folgt ist eine ganz andere Story und abhängig davon, wie "lose" oder "fest" er am Rotor befestigt ist. Gesteuert wird immer nur die Differenz zwischen Heli und Rotor, egal in welcher Position der Heli fliegt bzw. sich der Rotor befindet. Trotzdem wirken beim Hubschrauber auch
gewisse Kreiselkräfte und zwar dann, wenn - zum Beispiel durch eine Boe
oder eine besondere Fluglage - von außen her Kräfte auf den Rotor
einwirken die ihn in eine andere Lage zwingen wollen. Dabei kann es dann
vorkommen, daß der Rotor mit einer durch die Präzession verursachten
Kraft (unbeabsichtigt) um 90° versetzt. Freundliche Grüße,
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